home > schriftbild, zeichnung, computer- & druckgrafik

das erste kindliche gekritzel, noch vor der schrift, als raum-, ja welt-erfahrung. der ursprung der idee, wie er unmittelbarer & direkter nicht gezeigt werden kann. - alles andere ist später einfach ausschmückung im versuch zur perfektionierung der erwachsenenwelt, der die illusion immanent ist & die uns immer mehr wegbewegt von dem, was wir eigentlich ausdrücken wollten. - & dabei wollten wir als kinder ja gar nichts anderes ausdrücken als bloß unseren platz in der welt markiert zu sehen!

& ueber die hand als mittler der „eingeschriebenen“ zeit:

hand anlegen, aber mit fingerspitzengefuehl: die handwerkliche grundsteinlegung der menschlichen kreativitaet mit den dabei allzeit evidenten fragen: woher kommt der treibende impetus dazu? was laesst uns handeln? & wozu & wohin treibt uns dieses handeln?

die tastatur unserer zurzeit angewandten elektronischen kommunikationsmedien wird immer mehr sensorisch bestimmt zu lasten des urspruenglich haptischen be-handelns. - wir tippen nicht mehr, streicheln hingegen glatte oberflächen, wir drehen keinen schluessel mehr, wir schieben rasch eine e-card ein, - wir „zaubern“ mehr als dass wir handeln. derweil steigen unsere sehnsuechte nach beruehrung unseres selbst, welches sich dadurch immer mehr von sich selber entfremdet sieht & sich ja doch nur ueber das be-greifen eines anderen selbst erfahren koennte.

wir haben dereinst den pinsel in verschiedenster handhabung gehalten, die darueber in einfacher handschrift vermittelt botschaften unserer mitteilungen individualisiert haben,  hatten dabei eine „klaue“ oder wir schrieben „fluessig“, wir schoepften gar unser eigen papier, den grundsatz,  bevor wir ueberhaupt den ersten satz schrieben.

- nebstbei vermerkt: wir sind dann doch bei uebermittlungen, botschaften  nach wie vor visuell orientiert:

- wenn auch handhaltungen Gottes & Adams, durch Michelangelo Buonarrotis hand  anfang des 16ten jahrhunderts auf dem fresco Die Erschaffung des Adam gezeichnet, über unsere reproduktionmaschinerie eine einpraegsam einfache dualitaet vorspiegeln:  

– die fragen in hermeneutischer dreieinigkeit: „Woher kommen wir?“ - „Wer sind wir?“ – „Wohin gehen wir?“ bleiben offen - wie auch alle moeglichen handhaltungen, interpretationen oder gar wagemutige antworten.

ich lege hier keine antwort vor, sondern das ergebnis meines kuenstlerischen versuches, die oben zitierten gedanken & fragenstellungen zeichnerisch komprimiert auf handgeschoepftes & ornamentiertes Kahari-seidelbastpapier aus dem Himalayagebiet zu bringen: ueber traditionelle chinesische kalligraphiepinsel mit chinesischer tusche wie auch dem neuestem österreichischem aquarellmedium AquaBrique - einfach hand anlegen – & aus gegebenem anlass aus verschiedensten perspektiven ueber weitgreifende hintergruende gesehen.

ich bevorzuge selbst beim aquarellieren chinesische kalligraphiepinsel. sie bieten bei der geschulten & geschickten handhabung in der führung ungeahnte gestaltungsmöglichkeiten in einem einzigen werkzeug, für die man mehrere europäische pinsel bräuchte. ebenso schätze ich die verschiedenen handgeschöpften naturpapiere am markt; in diesem fall arbeitete ich mit chinesischem pinsel & tusche auf ornamentiertem handgeschöpftem seidelbast-naturpapier aus dem Himalaya, so genanntem kahari-papier. da mich die darstellungen der zeichen & bilder aus der chinesischen astrologie & tierkreiszeichen in ihrer reduzierten art fesseln, habe ich meine versuche darauf konzentriert.

in den darunter gezeigten kohlearbeiten wurde das rindenspiel an pinien im italienischen Paliano mit  den spuren meines eigenen handspiels vermengt, auf den leinwänden die metamorphosen Gregor Samsas aus Franz Kafkas erzählung "Die Verwandlung" mit insektenapplikationen in acryl paraphrasiert:

Manuel Marold in seinem essay DER TOD IN PALIANO. AUFERSTEHUNG - Szenen eines Aufenthaltes in Künstleratelier Paliano, Süditalien, im September 2004. Gewidmet Andreas Roseneder - über die entstehung des bildes "fuer Manuel":

 

... "Wieder im Lager angekommen, erblicke ich einen kleinen schwarzen Skorpion in meiner Kajüte. Aufgrund meiner völligen Ahnungslosigkeit im Umgang mit Skorpionen fange ich ihn mit einem Glas ein, doch dieser hermetische Kerker behagt dem unsympathischen Eindringling nicht, und als ich das Glas umstülpe, entspringt der Finsterling mit einem wagemutigen Satz unter die Kommode. Während dieser Unterweltfahrt rasselt er unaufhörlich mit seinen Scheren wie Prometheus mit den Ketten, und in Todesangst wende ich mich an meinen pannonischen Landsmann – er lacht nur und meint, diese Skorpionin sei völlig harmlos, sie sei sogar an mir interessiert und wolle mich nur ein wenig necken. Da ziehe ich die Unsicherheit selbst in Zweifel und frage mich, was mich eher Wunder nimmt: das Fak(tot)um eines schwarzen Skorpions unter meiner Kommode oder der gendertheoretische Ansatz meines Landsmannes. Ich entscheide mich für den Mittelweg und töte den Skorpion mit meinem Schuh, nachdem ich ihn, auf dem Boden liegend, mit einem Blatt Papier aggressiv gemacht und zum Sturmlauf auf meine Person gezwungen habe – das Böse wird durch eine ebenso böse Maßnahme nivelliert und stellt sich dadurch selbst in Frage. Ein Dreischrittmodell wie aus einem Lehrbuch des deutschen Idealismus, obschon ich mich nicht in der Lage sehe, das Geschlecht des Skorpions festzustellen, aber ich denke an Brunhilda, und plötzlich interessiert’s mich nicht mehr. Mein Landsmann, ein profunder Kenner von Skorpionfrauen, insistiert auf der Weiblichkeit des Tieres, und tatsächlich küsst ihn die Muse: In den nächsten Tagen kreiert er, vom Vorfall inspiriert, eine atemberaubende Kohlezeichnung – beim Betrachten des Bildes ergeht es mir wie Kleist mit Caspar David Friedrich, meine Wahrnehmung wird benebelt und gleichzeitig gespitzt von der Reichhaltigkeit der Darstellung, deren apollinische Komponente ich zuerst erkenne: einen riesigen Skorpion, der einen winzigen Artgenossen schützend umfängt; nicht etwa mit seinen Scheren, denn er hat gar keine, aber zwei warme, menschliche Hände bergen den Leib des Kleinen, kosend und rührend wirkt er auf mich wie eine Pietà. Da, beim zweiten und dionysischen Blick auf das nahezu fohlenhafte, embryonale, stachellose Skorpionchen erkenne ich meinen androgynen Skorpion: der Landsmann hat dessen leblosen Körper auf das Bild gepappt, aber es gibt keine Trennlinien mehr zwischen biologischer und künstlerischer Realität, die Zeichnung ist ein organisches Yin und Yang geworden, das jegliche Theorie über die Grenzen der Malerei ad absurdum führt. Die Zeichnung wird lebendig, und nicht überzogen werden vom Firnis der musealen Ewigkeit. Sie macht mich zum stolzen Mörder."...

per zufall über pixel zu piktogramm

die durch technische "gebrechen" zufällig veränderte rasterung von eigenen bildern oder wörtern eines eigenen textes, aus der festplatte eines computers geholt & mit verschiedenen wort- & grafikprogrammen dazu noch bearbeitet & zuletzt auf verschiedenen bildträgern ausgedruckt - dieses spiel ergibt oft eine neue ästhetik der ausgangsdatei. - jedes kind ist von den möglichkeiten an kreativem gestalten per knopfdruck fasziniert. Meister Zufall hat mich vor allem darin fasziniert, wie neue piktogramme entstehen können, die zwar im herkömmlichen sinne nicht mehr lesbar sind, aber durch ihre runenhafte signalwirkung eine neue bildhafte lesart von texten schaffen können.

 

more about this topic: delete it / Ctrl yourself

                                delete ON/OFF & feed H/B

artport zero 2003

artport zero

HOLZ KOHLE

 

der wert (die repräsentativ für den marktbestimmten handelswert dafür bezahlte pekuniäre summe, = “kohle” österr. umgsspr.) einer künstlerischen handzeichnung war immer ein geringer & ist nach wie vor ein geringer. dies mag der tatsache zugrundeliegen, daß die zeichnung immer als “vorarbeit” zu einem größeren, technisch aufwendigeren künstlerischen werk gesehen wurde & deshalb einer gewissen geringschätzung anheimfiel: dagegen nutzten auch statements verschiedenster künstler nichts, welche als visionäre die ursprünglichkeit einer ideenskizze immer eher schätzten als die später technisch ausgefeilte version derselben. die zeichnung hatte in der reception auch immer mehr ideellen kunsthistorischen wert denn reellen marktwirtschaftlichen preis. mit der entwicklung der fotografie & damit der möglichkeit der technisch einfacheren reproduzierbarkeit künstlerischer arbeitesvorgänge hat die fotografie für den bildenden künstler selbst oft die rolle der ideenskizze der zeichnung übernommen, was wiederum den wert der zeichnung durch ihre einzigartigkeit am markt erhöhte. nun ringt neuerdings die fotografie mit dem selben problem wie die zeichnung zuvor, wobei sie doch schon längst kunsthistorischen stellenwert erlangt hat. videostill & computergrafik haben diese entwicklung noch zusätzlich beschleunigt. Andrerseits geben diese technikstützen der originären fotografie wieder mehr stellenwert an einzigartigkeit – bedeutet dies eine endlosschleife in entwicklung?

CHINESE GHOST MONEY SERIES: THE ZODIAC

der Schweizer kuenstler Christoph Speich macht mich bei einem gang durch Chinatown, NYC mit dem Chinese joss paper bekannt, sogenanntes geistergeld, das nach chinesischer tradition im geistermonat in gedenken der verstorbenen ahnen fuer deren wohlergehen im jenseits verbrannt wird - dünnes reispapier mit silber- & farbapplikationen. ich kaufe in einem laden ein paar paeckchen.

jahre spaeter entstehen darauf linoldruckserien, die CHINESE GHOST MONEY SERIES - der folgende zyklus THE CHINESE ZODIAC ist eine serie daraus. in erinnerung an den „melting pot“ New York City werden dabei verschiedene volskulturcharistika (indian, aborigin, african, european…) in der formalen umsetzung miteinander verwoben. da das reispapier sehr duenn  & die silberfolien darauf sehr fragil sind, bedarf es der zarten technik des daumenabriebes mit einer speziellen druckfarbe. auflage: 19 stueck pro tierkreiszeichen.

 

mehr info ueber die chinesischen tierkreiszeichen & jahrestabelle: forum china