das repertoir der klassik der bildenden kunst bietet mir unendliche resourcen: als vorbildlich erkannt, arbeite ich zwar darin gebunden an die vorgegebenen spielregeln, bewege mich aber dadurch befreit auf diesem von tausenden vorgängern abgesteckten terrain: also man wundere sich nicht, wenn hinter den tabs oil / polimer / project / object immer wieder überschneidungen oder querverbindungen auftauchen. - & wenn nicht über bezeichnung durch die sogenannte mischtechnik in der werkbeschreibung, dann vielleicht durch meine auseinandersetzung mit dem klassischen portrait in verschiedenen techniken.
auftragsarbeit ölmalerei
man spricht heute gerne von sponsoring, was sich vormals mit mäzenatentum ummantelte: nach dem abstand von staat & kirche von bildaufträgen in klassischer öl- oder freskenmalerei hat die wirtschaft noch ab & an ein paar aufträge für den bildenden künstler parat: manchesmal auffällig abstruse darstellungen der produktpalette, marktschreierisch oder auf wunsch verschlüsselt verpackt, dann wieder „abstrakt“ gehaltene dekorbilder, die per se einen satten hintergrund für ein werbevideo oder einen fernsehbericht abgeben könnten, - nicht weit von der kulisse & staffage entfernt. Da die technik der ölmalerei an sich eine hermeneutisch malerische filosofie ist, die in ihrer nur langsam zu realisierenden technik konträr gegen die geforderte schnelligkeit der werbewelt lebt, schließt sie sich damit aus dem allgemeinen wettbewerb selber aus. so werden nun heutzutage videos gedreht, es wird auf allen möglichen bildträgern gepixelt & geplottet, was das zeug hält & eine grenze zwischen kunst & werbung ist immer weniger auszunehmen, - wenn nicht beide parallelwelten gar schon zu einer art symbiose in heiliger allianz verschmolzen sind. marketing manager Andy Warhol meinte lapidar dazu: „Business art is the step that comes after Art. I started as a commercial artist, and I want to finish as a business artist.“
es freute mich daher umso mehr, dass der autor Uli Brée mich gebeten hat, die welt des motorradfahrers der britischen marke TRIUMPH in klassischer öltechnik festzuhalten – nicht nur zu werbezwecken auf dem plakat für das von ihm erfundene motorradtreffen TRIDAYS in Neukirchen am Großvenediger, sondern auch als anstoss für eine ganze serie an bildern.
eine zusammenfassung einzelner zeichen-druck-malwerke in serie, auch Katja Ruges fotosequenz von einer stunt-paint-performance zu den TRIDAYS 2011 ist hier zu sehen:
das selbstportrait
das selbstportrait ist die intimste referenz des künstlers & seiner offenbaren erscheinung per se nicht nur sich selbst, sondern auch dem betrachter gegenüber.
zu beginn dieses jahres 2010 ging ich so weit, dass ich in der abgeschiedenheit der natur abdrücke meines gesichtes in schneewehen setzte & eine fotoserie davon schoss.
der bloglink dazu:
ich wollte mit diesen temporären "selbstportraits" das eigene gesicht gänzlich aus dem spiegel der eitelkeit & selbstbezogenheit entfernen & meine eigene erscheinung dem spiel der natur, den verändernden & dabei gestalterischen kräften des windes & des schnees aussetzen; als künstler konnte ich mich jedoch nicht gänzlich der menschlichen sehnsucht nach dokumentation, dem festhalten des augenblicks entziehen. denn ich hatte damit eine verbindung zwischen meiner eigenen sehnsucht nach zeichnerischem malerischem festhalten, der natürlich geformten skulptur meines eigenen profils & nicht zuletzt der fotografie entdeckt.
das unbekannte antlitz
das so genannte antlitz (damit aus- & angesprochen das gesicht & der sich selbst darin entgengenblickende) ist nicht nur verschwunden aus unserem sprachgebrauch, sondern untergegangen in einer medienbilderflut; dieser tatsache entsprechend ist auch das portrait ( die bildhafte darstellung eines gesichtes) vernachlässigbar, der momentaufnahme gewichen, zum passfoto degradiert oder auf dem titelblatt computeranimiert geschönt aufgeblasen worden.
schwere zeiten für einen maler wie Lucien Freud, dessen sensibel hintersinniges portrait der Englischen Queen Elisabeth bei der enthüllung proteste hervorrief. die bildlich personifizierte darstellung des antlitz Gottes, seiner engel, propheten, heiligen & profanen diener erfuhr ich als christ als eine geburt des katholizismus, war dann erstaunt, dass Allah & seine propheten als weiße lichtflecken auf dem rumpf in verschnörkselter ornamentik erschienen, inkubiert nur durch schrift & zeichen & noch mehr überrascht, dass Buddha ewiggleich mit dem lächeln in seinem gesicht dem glanze seines runden bauches konkurrierte.
letztlich war es dann doch das differenzierte repertoir der christen, das als konfirmierter mein interesse weckte, mich veranlasste, bildnerisch tradierte physiognomierfassungsversuche der erzengel zu inhalieren, von Michael Albrecht Dürers hin zur Staatsfratze Jonathan Meeses: die hermeneutik ihrer gebaren, ihr auf-tritt außer norm, ihr ab-heben in der erscheinung, die schiere unmöglichkeit ihrer fassung, ließ viele künstler auf nicht rational faßbarem terrain "versuchen", in bildnerisch nicht evidentem raum agieren.
DENN SO EIN ÜBERIRDISCH ANTLITZ KANN ENTWEDER NUR IDEALISIERT ODER BLOSS GÄNZLICH ZUM VERSCHWINDEN GEBRACHT WERDEN.
in einer portraitserie (siehe artport zero - grafic) nahm ich 2004 sogenannte fahndungsfotos vulgo phantomzeichnungen aus einschlägigen tageszeitungen her, modifizierte diese computergestützt & liess sie mittels eines plotters auf leinwand ausdrucken. Ich versuchte dann über verschiedene zeichen- & maltechniken, diesen "phantomen" leben einzuhauchen. die resultate riefen danach verschiedenste assoziationen der betrachter hervor, die identifikationen erbrachten bei den darstellungen eine bandbreite, die von benennungen mit "jörg Haider" bis zu "Rex Gildo" reichten. - wobei ich wieder bestätigt sah: Worin liegt denn die wahrheit der kunst, wenn nicht im rezipienten?
"die wahrheit ist dem menschen zumutbar", sagt Ingeborg Bachmann.
Abendmal - Berlin 1984
Oktober 1984 – Westberlin,
Kreuzberg, Pfuhlstrasse, ehemaliger getreidespeicher am fluss Spree
nächst Schlesischem Tor. - momentaufnahme:
Die Spree vor meinem atelierfenster wird von den “Vopos” (Volkspolizisten) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) – aufgeregt mit schnellen motorbooten auf- & abgefahren, einer von ihnen hält einen feldstecher vor sein gesicht: Mein Nachbar unter dem von mir angemietem atelierraum, aktionist aus München mit logo CWA (CityWallArt) & wie ich seit kurzem in Berlin, hat trockeneis in das Spreewasser geschmissen, das bis zur mauer des gebäudes osthoheitsgebiet ist. Sektkorken knallen gen mauerrichtung: ” Der westen schießt zurück!”
Die politisch trennende "mauer" zieht sich hinter dem wasser das ufer entlang. Die Spree am westufer unter unseren füßen brodelt nicht nur vom trockeneis.
Ich selber schon als kind fasziniert von Van Goghs
Bild ,“Sternennacht” male bei vollmondlicht ein bild in 12 teilen, auf leinwand auf rahmen in bahrenform je 1×4m groß, mit den spiegelungen des lichts der mauerscheinwerfer im bewegten wasser der Spree, die beleuchtete mauer
quer durchs bild gezogen. Ich forme & modelliere eine gipspuppe,
male die züge in der pinseltechnik von Vinzents “Selbstbildnis” auf ihren kopf,
kleide sie in einen weißen arbeitsoverall mit Van-Gogh im Coca-Cola-schriftzug am rücken, und setze sie kauernd vor den letzten Teil: Vinzent schreibt END mittels pinsel darauf.
Auf dem einweihungsfest des ateliers wird die puppe von einer
ausgelassenen punk-gruppe mit eisenstäben zu fall gebracht &
malträtiert.
Die künstler-gruppe endart betreibt ein paar Ecken weiter in der
Oranienstrasse eine galerie.
Der plan, das mauerbild im rahmen einer performance & geraüschcollage im kunstraum München aufzustellen & von
Vopos die bahren abtragen zu lassen, scheitert.
Im jahr darauf fotografiert Philipp Schönborn das bild in einem hinterhof in München-Nymphenburg für die kunstzeitschrift ART.
Auf dem rasenstück rechts unter der bildmitte erscheint ein 13. kopf ,
in der kunstzeitschrift werden jedoch andere meiner Bilder wie Hesperidenessig
& German Bus Stop gezeigt.
1989 habe ich einen bauernhof an der ungarischen grenze in Wulkaprodersdorf bezogen. Das bild lagere ich zusammengelegt auf einem dachboden. Die reele politische mauer in Berlin ist währendessen kurz vor dem fall, die ersten Ostberliner kommen um die ecke bei St. Margarethen über die grüne grenze aus Ungarn nach Österreich, um in die Bundesrepublik Deutschland weiterzuziehen.
2009 lagert das bild noch immer auf dem dachboden, an der grenze feiern die höchsten politischen vertreter Deutschlands, Österreichs & Ungarns das 20-jährige jubiläum des mauerfalls & des Paneuropäische Picknicks.